damentennis: etwas das nicht denkt, aber dennoch ein mensch ist.
Mittwoch, 23. September 2009
Ulrich Peltzer, "Alle oder keiner"

Bernhard trifft in diesem Buch Christine und kommt dadurch zu dem Schluss, dass sich sein Leben ändern muss. So steht das hinten auf dem Suhrkampf-Taschenbuch, das ganz schön aussieht und sich noch schöner lesen lässt. Ehrlich gesagt, ich weiß es nicht mehr, was da mit Bernhard los war und mit Christine, ob sich Leben geändert haben, zum Guten oder zum Wasweißichauchimmer, aber was ich noch weiß ist, dass die Sprache wunderschön war.

Viele Kommas, lange Sätze ohne Druck, Bezeichnung und Aussage, es fließt in mattem, sanftem Licht dahin und erzählt von Menschen, die etwas tun, sich auch etwas denken, Dinge vermasseln und nicht schlauer werden, weil das Leben keine lineare Erfolgsgeschichte, sondern eben ein Leben ist. Hier sind entweder alle Helden, oder keiner, aber darum heißt das Buch sicher nicht so, das ist bestimmt Zufall.

Absätze beginnen hier mit Kleinbuchstaben, mitten im Satz also, es ist verschachtelt wie das Denken und Beobachten selber, unklar, diffus, ohne Moral und Aussage. Schön eben. Und bei einer Gesamtlänge von 243 Seiten allemal einen Versuch wert.

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Niklas Luhmann, "Protest"

"Gegen Komplexität lässt sich nicht protestieren. Wer protestieren will, muss also erstmal die Verhältnisse platthauen." Jaja, der Niklas Luhmann, der ist schon lustig. Hier geht es aber sehr theoretisch zur Sache - zum Glück! -, verstanden habe ich wenig, aber immerhin: etwas.

Und wenn im Jahr 2009 noch immer über Protest gesprochen werden muss, dann doch bitte so, wie Luhmann das etabliert. Bevor man protestiert, sollte man sich zumindest mal klarmachen, was man da überhaupt tut. In diesem Buch steht das ansatzweise drin, man muss es nur rauslesen können.

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Oswald Spengler, "Ich beneide jeden, der lebt"

Gekauft habe ich dieses Buch natürlich wegen des Titels, der mir auch heute noch gut gefällt. Ich war dann auch schnell zufrieden mit dem Kauf, denn was man dort über Spengler erfährt, ist durchaus witzig: Er war eine theoretisch begnadete Vollwurst voller Komplexe, machte aber eine wundervolle Denkbewegung populär. Nämlich diese: Ein Gedanke ist exakt im Moment seiner Entstehung toll, neu und begeisternd. Ihn dann aber in Textform umzusetzen, oder ihn argumentativ an Mitmenschen zu veräußern, zerstört den Gedanken, nimmt ihm seine Größe und macht ihn trivial.

Hätten z.B. Comedians dieses Buch gelesen und beherzigt, hätten sie niemals ihren heutigen Job erlernt. Das ist doch mal was, oder?

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Henryk M. Broder, "Hurra, wir kapitulieren!"

Bitte lesen Sie die Bücher von Broder, Matussek und Diekmann in kurzer Abfolge hintereinander und suchen sich dann ihren Lieblingsintellektuellen aus. Wenn Sie alle drei Bücher doof fanden, dann wählen sie einfach Roger Willemsen, das geht immer.

Broder macht hier folgendes: Er widmet sich einem Thema, das gesellschaftlich mit dem Begriff "heikel" gelabelt ist, und benutzt Argumente, die auf der Straße liegen, um dann "mutig" etwas herauszustellen. Das ist natürlich nicht mutig, sondern nur zwangsläufig: wer argumentiert, kommt auch zu Ergebnissen. welche das sind, ist eben eine Frage der Argumentauswahl.

Hier geht es nicht um die Verlotterung der Gesellschaft, die Umweltverschmutzung oder die Überinformiertheit, nein, Broder erfüllt die neue Pflicht aller "Promis", auch in Buchform auf sich aufmerksam zu machen, mit dem Thema Islam. Hoho, heikel heikel, mutig mutig und brandaktuell! Während z.B. Ex-Boxer grundehrliche Lebensberichte veröffentlichen, muss Broder als Journalist mindestens den Gestus der Wissenschaft gebrauchen, um seine eigene Meinung ans Volk zu bringen. Hier steht nicht "ich finde das doof", sondern "das ist doof, weil" - natürlich geht es hier nur um Broder und seine Weltsicht, das wird aber hinter dem Gestus der Wissenschaft versteckt. Das Buch soll auch niemanden belehren und auch keine Augen öffnen, das geht ja auch gar nicht mit diesen Argumenten, da man ja immer weiß, dass auch die Gegenmeinung argumentativ aufbereitet werden kann und als solche immer ebensoviel wert ist, aber immerhin hat Broder ein Buch geschrieben, dass ihn jetzt als "kritischen Meinungsäußerer, der kein Blatt von den Mund nimmt" kennzeichnet.

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Markus Werner, "Bis bald"

"Bis bald" von Markus Werner ist ein hochgradig politisches Buch. Es spielt in Israel, nahe der Gaza-Grenze und ist schon deshalb hochaktuell, gerade auch heute. Werner entwickelt trickreich und hintergründig die Geschichte von zwei Familienclans, die sich erst mögen, dann zerstreiten, dann wieder versöhnen und schließlich aus politischen Gründen mit dem Tode bedrohen. Ungeachtet dieser widrigen Umstände kommt es zu einem überraschenden Techtelmechtel zwischen zwei offiziell verfeindeten Clanmitgliedern, das sich zur handfesten Liebe auswächst.

Das war natürlich gelogen, in diesem Buch geht es um nichts dergleichen. Es geht um Sprache, vielleicht auch um Humor, sicher aber um Menschen und Liebe, also die einzigen beiden Themen, die uns wirklich alle betreffen. Die Welt von Markus Werner bleibt überschaubar in Sachen Komplexität, die Akteure sind sympathische Sonderlinge, die aber, na logo, gerade deshalb so prima nachvollziehbar sind.

Weil alle Bücher von Markus Werner gut sind, ist auch "Bis bald" gut. Kaufen, lesen, ins Regal stellen.

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Clemens Meyer, "Die Nacht, die Lichter"

Das wichtigste an Clemens Meyer, diesem Superstar der deutschen Undergroundleser, scheint ja zu sein, dass er früher in verschiedenen Jobs gearbeitet hat, z.B. auch als Nachtwächter. Dieser, gesellschaftlich als total verrücktes Detail etablierte, Fakt steht in jeder Rezension über Meyer drin, als würde er etwas begründen oder erklären.

Dabei möchte ich sagen, dass Clemens Meyer einfach schöne Kurzgeschichten schreiben kann. Die Figuren sind eher Loser als Winner, das Licht ist eher gedimmt als hell, die Getränke eher Whiskey als Sex on the beach, die Situationen eher schäbig als glänzend. Meyer beschreibt gerne mal die armen Säue der Welt, die sich aber auch mit Problemen rumschlagen und diese irgendwie bewältigt haben wollen. Man könnte ihn wohl den Hollywoodreporter der Linksspießer nennen.

Aber er versteht sein Handwerk, hat gute Ideen und schreibt schöne Geschichten. Da kann das Feuilleton ihn feiern, bis es abgeschafft wird: er ist einfach gut. Punkt.

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Simon Borowiak, "Wer wem wen"

Hach, das ist aber fies. Simon Borowiak schickt ein paar nicht mehr so vollkommen junge Menschen in den Skiurlaub. Klar, das ist nie schön für Außenstehende, aber Borowiak lässt auch wirklich kein Detail aus, um alles noch viel peinlicher zu machen. Beziehungen, die eben funktionieren wie Beziehungen, Gespräche, die eben funktionieren wie Gespräche und Discotheken, die eben - genau.

Der klinisch verrückte Hauptdarsteller erscheint schon nach wenigen Seite als der einzig vernünftige Mensch in diesem Buch, was dann eben zeigt, dass man mit Vernunft auch nicht weiterkommt, ja, dass sie recht unwichtig ist. Einige Figuren in diesem Buch sind wegen ihre Nachvollziehbarkeit so erschreckend real, dass es mich als Leser schauderte und ich das Buch immer mal wieder weglegen musste, um mich zu vergewissern, dass bei mir soweit alles okay ist (bzw. ob noch Bier im Haus ist).

Flott geschrieben ist es auch, kurzweilig natürlich sowieso - spricht also wenig gegen. Im Gegenteil! Auch für Freunde des Gruppen-Skirurlaubs lesbar, wenn auch eventuell mit Abstrichen!

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Hans U. Möhring, "Vom Schweigen meines Übersetzers"

Auf Seite 52 des Buches fragte ich mich, warum genau ich mir dieses Buch denn überhaupt geholt hatte. Nicht, weil es so unerträglich schlecht wäre, sondern nur, weil man sich manchmal eben Fragen stellt, deren Ursprung vollends unklar ist. Ich konnte die Frage nicht beantworten, schüttelte den Kopf und verlor das Interesse an diesem Buch, das tatsächlich von der Beziehung eines Autors zu seinem Übersetzer handelt.

Vielleicht war ich auch davon enttäuscht und hatte anderes erwartet, Aliens oder Verschwörungstheorien vielleicht, jedenfalls staubte das dicke Hardcover-Buch dann länger auf meinem Nachttisch zu und musste mitansehen, wie ich lieber F. Scott Fitzgerald oder Markus Werner las. Jetzt steht das Buch eher stolz im Regal und nimmt Platz weg.

Ob ich es jemals noch lesen werde? Ehrlich, ich weiß es nicht! Aber ob Happy End oder nicht: Das Buch ist es nicht schuld, es ist meine Schuld! Das Buch ist bestimmt ganz gut!

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Harald Martenstein, "Vom Leben gezeichnet"

Hahahahaharald Martenstein also, der ist schon ganz witzig. Kennt ihr doch, oder? Den Harald Martenstein. Er mag Max Goldt und weiß um die Probleme, in Deutschland eine gute Kolumne zu schreiben. So beginnt auch das Buch, mit jeder Menge Understatement, wo der Leser schon sagt: "Na, Harald, deine Bescheidenheit ehrt dich ja, aber hey, du machst das schon prima, das lese ich doch jede Woche im 'Zeit Magazin' und nur darum habe ich mir diese Sammlung deiner tollsten Stücke doch überhaupt geholt."

Es gibt also nur Gewinner beim Kauf dieses Buchs. Der Humor ist zu loben, die Kolumnen sehr kurz, thematisch weit gefächert und sehr unaufdringlich. Oft muss man schmunzelt, immer wieder auch lachen und zwischendurch findet man auch Sätze, die so schön sind, dass man sie sich ins Profil bei facebook packen will, damit alle Welt daran teilhaben kann.

Wer es schafft, sich nicht vom albernen Cover abschrecken zu lassen, wird dafür mit einem schönen Buch belohnt.

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Peter Stamm, "An einem Tag wie diesem"

Ja, dieses Buch hat mir gefallen, aber fragen Sie mich jetzt bitte nicht, worum es darin geht. Das habe ich vergessen. Ich müsste mich nur umdrehen und das entsprechende Buch aus dem Schrank holen, kurz drin blättern und schwupps, da wäre die Erinnerung wieder. Aber das mache ich nicht, denn das wäre mir zu professionell und zu angeberisch, außerdem steht der Inhalt des Buchs ja ohnehin bei amazon oder sonstwo im Internet.

Es war mein erstes Buch des Autors Peter Stamm, anschließend las ich dann recht zügig drei weitere Bücher von ihm, alle waren in etwa ähnlich gut. Ob dieses Buch nun sein Bestes ist, weiß ich auch nicht mehr, aber es ist sein Neuestes (Stand: Januar 2009), soviel ist mal sicher.

Wahrscheinlich geht es in dem Buch um ein Paar, um Liebe und Probleme bei der Umsetzung derselben im normalen Lebensalltag. Vielleicht schildert Stamm auch "eindringlich", wie die Liebe den Menschen in den Händen zerrinnt "wie Sand", wohl eher wäre ihm diese schnöde Metapher aber wohl peinlich und ärgerlich. Aber doch, ich glaube schon, dass es in dem Buch um Liebe ging.

Wie auch immer, das Buch empfand ich als sehr lesenswert und es ist auch nicht so dick, sodass man sehr schnell schon wieder Zeit für andere Tätigkeiten hat, die einem lieb sind.

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